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Döking beim ‚Ötztaler Radmarathon‘: „Es ist nur ein Berg“

 

  Unser Vereinsmitglied Thomas Döking  hat sich einer ganz besonderen Herausforderung gestellt, dem Ötztaler Radmarathon. Jedermann ist hier aufgerufen, auf 238km 5500 Höhenmeter unter die Räder zu nehmen. Ein Marathon der besonderen Art. Hier seine eindrucksvolle Reportage:

 

  „Am 28. August 2016 war es so weit. Der Ötztaler Radmarathon stand an. Als ich am  Freitagabend in Sölden ankam, war sofort klar, dass das Ötztal an diesem Wochenende komplett im Zeichen des Radmarathons stand. Wo man auch hinschaute: nur Rennradfahrer, Autos mit Radträgern, Verkaufsstände für Radartikel und vor allem viele kleine Italiener Typ Bergziege 1,65 groß und max. 60 kg schwer. War ich hier falsch? Ist das nur etwas für Typen wie Marco Pantani (oder Manuel Kempe), die im Schnitt mehr als 5 W/kg treten? Ach Quatsch dachte ich, nur nicht irritieren lassen. Oder hätte ich doch mehr trainieren müssen? Nein Quatsch sagte mir auf der Pasta Party ein 60-Jähriger Österreicher: „Es sind doch im Prinzip nur 120 km, die anderen 120 km gehen eh bergab“. Ach wenn‘s so ist, kann es ja nicht so schlimm sein. Den darauf folgenden Samstag nutze ich dann bei superschönem Wetter, um mich ein wenig einzufahren, meine Startunterlagen abzuholen, den Tag zu genießen und Carboloading zu betreiben. Die Spannung und Nervosität wuchs. Nachdem ich tagsüber schon mehrfach von erfahrenen Radmarathonis den Hinweis bekam, die Salztabletten nicht zu vergessen, besorgte ich mir diese noch am Stand von Sponser, bereitete meine Ausrüstung vor und verschwand rechtzeitig ins Bett. Es hieß nämlich, um fünf Uhr aufzustehen, Frühstück im Hotel mit den anderen Verrückten und sich Richtung Start einrollen. Die ganz Nervösen machten sich schon vor sechs auf den Weg zum Start. Ich dachte mir, wenn ich 15 Minuten vor dem Start vor Ort bin ist das allemal rechtzeitig. War es natürlich auch, aber damit stand ich im letzten Viertel der rund 4.200 Starter.

Bei warmen 12 - 14°C ertönte dann um 6:45 der Startschuss und gefühlte 10 Minuten später rollte ich dann auch gemächlich über die Startlinie. Endlich es ging los. Erstmal gute 30 km bergab, super das macht ja Spaß so ein Radmarathon. Bis es in Ötz rechts ab ging. Ohne Vorwarnung ging es dann sofort mit anfänglichen 11% hoch Richtung Kühtai. Nachdem sich der erste Stau im Steilstück auflöste, ging es dann immer mit 7 - 10% kontinuierlich bergauf. Irgendwann fand ich meinen Rhythmus und kurbelte wie alle anderen kontinuierlich in netter Begleitung Richtung Passhöhe bis Glockengeläut ertönte und eine Viehherde meinte, die Straße blockieren zu müssen. Oben angekommen erschien die erste Labestation. Ich füllte meine Flaschen auf, packte zwei Gels ein, Banane und Ötztaler Kraftkugel vertilgen und ab ging es auf die Abfahrt. 1.300 Höhenmeter bergab machen richtig Spaß. Nur nicht darüber nachdenken, dass man mit fast 100 km/h  auf 1 kg Plastik unterwegs ist. Vor allem wenn es mal kurz ruckelt an den Viehsperren. Und gut wäre, wenn die auf den angrenzenden Wiesen weidenden Rindviecher jetzt nicht auf die Straße laufen, dachte ich.

Unten im Inntal angekommen hieß es, mit einer guten Gruppe die Flachpassagen zu bewältigen. Das funktionierte perfekt. Die Italiener, an die ich mich hängte, hatten es eilig und sorgten dafür, dass wir schneller oben am Brenner standen als ich erwartet hätte.

Mit ausreichend Vorsprung vor dem Besenwagen habe ich dann den leckeren Kuchen an der Labestation Brenner genossen und fuhr dann locker weiter auf die Abfahrt bis nach Sterzing zum Anstieg zum Jaufenpass.

Jetzt standen 15 km mit im Schnitt rd. 8% Steigung an. Also hieß es wieder Rhythmus finden und kurbeln. Nur wurde es jetzt wärmer als am Kühtai. Also sagte ich mir: Nicht überpacen, das Timmelshoch kommt noch. Als die Baumgrenze erreicht wurde und keine wohltuender Schatten mehr vorhanden war, meldete sich zum ersten mal der innere Schweinehund. Er verlor aber noch recht schnell, da die nächste Labestation in Sichtweite kam. Jetzt erstmal in Ruhe trinken und essen, 160 km waren ja schon absolviert und dann wieder aufs Rad und noch ein paar Höhenmeter bis zur Passhöhe kurbeln. Geht doch dachte ich und fuhr gemächlich auf die Abfahrt und wollte die schöne Aussicht ein wenig genießen, bis eine Italienerin mich in der ersten Kehre mit Fullspeed überholte. Das gibt es doch nicht, dachte ich und nahm die Verfolgung auf. Viel zu schnell war ich dann unten in St. Leonhardt am Fuß des Timmelsjoch. Jetzt ja nur noch das Timmelsjoch mit läppischen 1.750 Höhenmetern hochfahren und schon ist der Ötztaler Geschichte. 30°C und sofort wieder 8% Steigung und mehr ließen den inneren Schweinehund wieder aktiv werden. Jetzt wurde es hart und ich dachte zum ersten Mal, wenn jetzt der Besenwagen kommen würde: ‚Einsteigen und klimatisiert nach Sölden chauffieren lassen!‘ Die ersten Fahrer stiegen ab, einige saßen am Straßenrand oder gingen. Neben mir verlangte jemand nach Salztabletten und Waden wurden gedehnt An der ersten Labentation traf ich Kollegen aus Borken und Bocholt und fuhr mit denen gemeinsam langsam weiter. Am Straßenrand stand ein Anwohner mit Wasserschlauch und sorgte für eine willkommene Abkühlung. Dann  die letzten Kehren bis zum Tunnel, es wurde flacher und die Passhöhe war erreicht. Ja endlich, jetzt Vollgas runter ins Ziel. Bis der Gegenhang kam, den gestern schon einige erwähnten. Was habe ich an diesem scheiß Anstieg geflucht. Warum macht man den Quatsch? Bis Diddi Senft die Fahrer auf den letzten Metern zur Mautstation antrieb. Endlich, geschafft, jetzt aber wirklich bergab und die letzten Kilometer in Tal genießen. Unter Applaus und Anfeuerung, erreichte ich das Ziel in Sölden nach 11 Stunden und 11 Minuten und war glücklich, es überhaupt geschafft zu haben. Schnell noch die Startnummer abgeben und das Finnischer Trikot abholen und dann ab ins Hotel. Am nächsten Morgen war ich so begeistert vom Ötztaler, dass ich mich bereits um eine Teilnahmemöglichkeit fürs nächste Jahr kümmern wollte. Leider ist es nicht so einfach, einen Startplatz zu bekommen. 

 

  Ich kann nur sagen, es war für mich in Kombination mit einem Kurzurlaub in Sölden ein wunderbares Erlebnis und ein Ansporn, mal etwas mehr zu trainieren. Die Veranstaltung ist super organisiert und auch im Sommer eine Reise ins Wintersportparadies Sölden wert.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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